Digitaler Nachlass: Häufig vernachlässigt, oft vergessen
Wenn wir an unser Vermächtnis denken, konzentrieren wir uns oft auf die materiellen Dinge, die nach unserem Tod hinterlassen werden. Wir denken an die Bücher, die wir geschrieben haben, das Geld auf unserem Konto, Schmuck oder die Gebäude, die wir besitzen.
Aber was ist mit unserem digitalen Erbe? Was passiert mit all diesen E-Mails, Textnachrichten und Social-Media-Beiträgen?
Als mein Vater im September 2020 verstarb, gab es, neben der Beerdigung, viel zu erledigen. Da meine Eltern außer einem Mailkonto und dem Account bei AOL und Otto keinen digitalen Fußabdruck im Netz hinterlassen haben, musste ich den Nachlass meines Vaters “nur” über diverse Ordner und Papierfluten regeln.
Dabei bin ich aber dennoch ins Grübeln gekommen.
Was ist, wenn mir etwas passiert?
Wie kann ich es meiner Frau, meiner Tochter und auch meiner Enkelin so leicht wie möglich machen?
Welche Daten möchte ich von mir Preis geben?
Wie kommen sie an mein Geld bei der Online-Bank?
Welche Abos, welche Onlineverträge und welche Mail- oder Social-Media-Accounts habe ich überhaupt und wie plane ich den Zugriff nach meinem Tod?
Verträge gehen auf die Erben über
Auch der digitale Nachlass gehört, mit allen Rechten und Pflichten, zu einer Erbschaft dazu. Das bedeutet, deine Erben übernehmen neben deinem irdischen Besitz auch alle Abos und Mitgliedschaften im Internet.
Lass mich an dieser Stelle bitte noch einmal ganz eindeutig hervorheben, dass ich weder Anwalt noch sonstiger Rechtsberater bin. Dieser Blogbeitrag dient nur zur Orientierung. Rechtlichen Rat zum Erbschaftsrecht solltest du dir immer über einen Anwalt oder Notar einholen.
Der Tod kommt immer, eines Tages. Doch deine Daten bleiben
Auch wenn sich der Spruch abgedroschen anhört, so ist er nicht weniger wahr: „Das Internet vergisst nicht“. Wenn du dich also nicht darum kümmerst, dass auch dein digitaler Nachlass geregelt ist, werden deine Freunde und auch deine Familie von Facebook & Co weiterhin jedes Jahr daran erinnert, dir zum Geburtstag zu gratulieren. Klingt komisch, ist aber so.
Welche Daten gehören zum “Digitalen Erbe”?
- Alle Sozialen-Netzwerke
Facebook, Instagram, Twitter, Pinterest, TikTok, Xing, Linkedin, Flickr, Picasa usw. - Messenger-Dienste
WhatsApp, Telegram, Skype, Facetime, Signal etc. - Post- und Mailverkehr
E-Post, E-Mail-Accounts - Eventuell eigene Webseiten
Hosting, Domain etc. - Shopping-Accounts
von Amazon über Media-Markt, bis hin zur Online-Apotheke - Digitale Güter
Softwarelizenzen, gekaufte e-Books, Musik, Filme, Texte etc. - Daten und Dateien
Bilder, Videos, Dokumente usw. - Chats, Foren und Datingseiten
Parship, Quora, Knuddels & Co. - Streaming-Dienste
Netflix, Amazon Prime, Sky etc. - Spiele-Accounts
- Sonstige Abo´s
Du siehst also, es gibt viele digitale Spuren, die wir alle so in den Weiten des Internets hinterlassen können. Fange also rechtzeitig an (am besten sofort) dir Gedanken über deine Accounts und Zugangsdaten zu machen.
Mache dir eine Checkliste: Mit Vorlage zum Download
Ich habe mir eine Liste gemacht und diese mit allen oben aufgeführten Diensten befüllt. Danach habe ich alles kategorisiert und mit einer kleinen Anweisung, was damit geschehen soll, versehen. Im Anschluss habe ich mir die Mühe gemacht kurz zu notieren, wie denn die jeweiligen Accounts/Zugänge gekündigt oder umgeschrieben werden können.
Eine kleine Vorlage habe ich zum Download bereitgestellt. Allerdings benötigst du dazu einen Google – Account.
Digitaler Nachlass – Checkliste
Passwort-Manager als Helfer für den digitalen Nachlass
Nachdem ich die Liste gefüllt hatte, machte ich mir Gedanken über die Möglichkeiten, meiner Frau alle Zugänge zu erleichtern.
Da ich schon viele Jahre mit verschiedenen Passwort-Managern arbeite, stand für mich auf jeden Fall fest, den Zugang und die Organisation über einen solchen Passwort-Speicher zu realisieren.
In einem anderen Blogbeitrag von mir findest du demnächst eine kleine Übersicht einiger Passwort-Manager. Sobald er fertig ist, schau dich gerne dort um.
Aber auch wenn du nicht mit einem solchen Manager arbeiten möchtest, sondern lieber all deine Passwörter in einem Notizbuch im Nachtschrank aufbewahrst, solltest du dir Gedanken über Sicherheit sowohl im Leben als auch im Tod machen. Und einer vertrauten Person den Ablageort verraten.
Meine klare Empfehlung ist aber, immer mit einem Passwort – Manager zu arbeiten. Sicher, transparent und schon zu Lebzeiten der perfekte Helfer.
Facebook, Google und Co. So regelst du deinen digitalen Nachlass
Jetzt weiß ich natürlich, dass es wahnsinnig aufwendig ist, sich zu informieren, welche Möglichkeiten die einzelnen Anbieter in einem Todesfall bereitstellen.
Diese Arbeit würde ich dir gerne abnehmen. Deshalb habe ich angefangen eine Liste der gängigsten Firmen zu führen. Von Zeit zu Zeit werde ich diese aktualisieren. Gib mir etwas Zeit dafür. Denn häufig muss ich die Betreiber anschreiben, da sich online nichts finden lässt. Und diese Antworten lassen sehr lange auf sich warten.
Du kannst mir aber jederzeit an die Mailadresse fragen@davis-seedorf.de deine Fragen schicken. Und falls du ein Tool hier vermisst, würde ich mich ebenfalls über eine Mail sehr freuen. Ich werde dann auf die Suche nach den Möglichkeiten gehen und den Blogbeitrag aktualisieren.
Facebook: Was passiert nach deinem Tod mit deinem Konto?
Bei Facebook hast du zwei Möglichkeiten. Entweder bestimmst du einen Nachlasskontakt, der sich um dein in Gedenkzustand versetztes Konto kümmert, oder aber du legst fest, dass dein Konto dauerhaft gelöscht wird.
In den Gedenkzustand wird dein Konto immer dann versetzt, wenn du keine dauerhafte Löschung festgelegt hast.
Ich habe meine Frau als Nachlasskontakt hinterlegt. Sie wird in jedem Fall in meinem Sinne handeln.
Doch auch verifizierte, unmittelbare Familienangehörige können nach Vorlage der Sterbeurkunde das Entfernen des Kontos beantragen.
Pinterest: Deaktivieren des Pinterest-Accounts
Bei Pinterest kannst du als Angehöriger nach Vorlage einer Sterbeurkunde das Konto deaktivieren lassen.
Meine Empfehlung: Wenn die Zugangsdaten zu Mail und Pinterest, bekannt sind, lässt sich das Konto nach der Anmeldung ganz unkompliziert löschen.
Instagram: Erinnerungsoption für Gedenkzustand
Auch Instagram bietet an, dass ein Konto in den Gedenkzustand versetzt werden kann. Die einzige Krux: Jeder scheint dies beantragen zu können.
Ein nahes Familienmitglied kann aber, nach Vorlage von Geburts- und Sterbeurkunde beantragen, dass das Konto gelöscht wird.
Wenn allerdings eine dir nahestehende Person, nach deinem Tod, Zugang zu deinen Kennwörtern hat, könnte diese sicher ganz unkompliziert das Konto löschen.
EBay: Nur über Kundendienst
Wenn deine Hinterbliebenen die Zugangsdaten deines Accountes nicht haben, scheint es nur die Möglichkeit über den Kundendienst zu geben.
Auf der Webseite ist hierzu nur ein kleiner Eintrag zu finden:
“Bitte kontaktieren Sie eBay, wenn Sie das eBay-Konto eines verstorbenen eBay-Mitglieds schließen möchten und Hilfe benötigen”
PayPal: Sicherheit geht hier vor
Als Zahlungsanbieter ist es bei PayPal natürlich nicht mit einer einfachen Mail getan. Hier verlangt der Kundenservice schon ein paar mehr Informationen, um das Konto zu löschen, oder gar Guthaben auszuzahlen.
Auf dieser Seite ist aber alles sehr gut beschrieben und erklärt: PayPal – Kontoschließung im Todesfall
Otto: Warte auf Rückantwort
Amazon: Kontoschließung nur über den Kundendienst
Die Löschung deines Amazon Kontos können deine Erben über folgende Mailadresse beantragen: bereavement-support@amazon.de
Als Nachweis wird eine beglaubigte Kopie der Sterbeurkunde und die E-Mail Adresse des Accounts benötigt.
Amazon behält sich außerdem vor, weiter Unterlagen anzufordern, je nachdem, was von den Erben beantragt wird.
Outlook.com, OneDrive und andere Microsoft-Dienste:
Auch Microsoft bietet verschiedene Möglichkeiten. Nachlesen, was im Todesfall die Erben machen können, kannst du unter folgendem Link:
Klingel: Warte auf Rückantwort
Google: Du kannst gleich mehrere Kontaktpersonen angeben
Google hat das eigentlich ziemlich geschickt gelöst. Du kannst in deinem Google-Konto einstellen, nach wie viel Monaten Inaktivität deine Kontaktperson benachrichtigt werden soll.
Doch bevor dies geschieht, kontaktiert dich Google mehrmals per SMS und Mail.
Meldest du dich nicht, wird erst die hinterlegte Person kontaktiert und hat dann noch drei Monate lang Zugriff auf die Daten, nachdem dein Konto inaktiv geworden ist.
Flickr: Zugriff auf die Bilder scheint es nicht zu geben
Bei Flickr können die Erben zwar eine endgültige Löschung deines Benutzerkontos erwirken lassen, haben aber keinen Zugriff mehr auf die dort von dir gespeicherten Fotos.
Möchtest du dies verhindern, so bleibt auch hier nur dafür Sorge zu tragen, dass eine vertraute Person nach deinem Tot Zugriff auf deine persönlichen Zugangsdaten bekommt.
Xing: Löschen möglich
Bei Xing kann man als Erbe/Erbin jederzeit über den Support eine verstorbene Person melden.
Das Profil wird dann unsichtbar und inaktiv geschaltet. Auch das Einloggen ist laut XING dann nicht mehr möglich.
Seit dem BGH-Urteil vom 12.7.2018 stellt Xing den Erbenden die im Profil hinterlegten Infos zur Verfügung. Das kann dann allerdings nur unter Vorlage entsprechender Nachweise erfolgen. Außerdem muss dazu auch die Vererbbarkeit der XING Daten im Profil aktiviert sein.
Möchtest du deine Daten nicht vererbt wissen, so kannst du das über einen Menüpunkt unter Datenschutz deaktivieren.
Kurz zum Schluss
Wir leben in einer digitalen Welt und hinterlassen im Durchschnitt jeden Tag ca. 5 GB an Daten – was damit passiert wenn wir sterben, haben wir zu Lebzeiten selbst in der Hand. 💀